Herrenkogel: Schneekettenwanderung

Steiermark Grazer Bergland / Steiermark

von Philipp (2011)

Der Wetterbericht prophezeit Sonnenschein und Wärme, die Haxen sehnen sich nach Bewegung, und die Cachestatistik der letzten Wochen sieht ärmlich aus.

Wir packen also Rucksäcke und Schneeschuhe in den Kofferraum und fahren Richtung Frohnleiten, da intensive Recherche dort zwei schneeschuhtaugliche Geocaches ausgemacht hat: „Herrenkogel“ und „Hoch!“, nicht weit voneinander entfernt auf etwas mehr als 1600m Seehöhe. Der Weg, der von der Bundesstraße abzweigt, wird recht schnell eng und asphalt-arm, dann schlammig. Die Entscheidung an Abzweigungen fällt leicht, denn wir müssen uns nur an die nicht mit „Fahrverbot – Forststraße“ gekennzeichneten Wege halten. Ohne die Schilder wäre der Unterschied nicht zu erkennen. Weiters stehen öfters Tafel „Keine Zufahrt für Pipeline-Fahrzeuge“ herum. Am Berg? Auch gut.

Stellenweise wird die Straße zur Schneefahrbahn, und kurz vor der Wieseralm, die auf der Karte als Parkplatz gekennzeichnet ist, versperrt ein Schranken den Weg. Einen Kilometer davor haben wir einen Alternativparkplatz erkannt, den wir nun nutzen wollen. Wir rollen also ein paar Meter zurück in eine verschneite Abzweigung zum Umdrehen, wo sich dann der wahre Charakter der Schneefahrbahn offenbart: Eis. Der Citroen verliert ob dieser Tatsache die Nerven und die Bodenhaftung an allen vier Hufen, und dreht sich entlang der Falllinie dem Abhang zu. Schließlich besinnt er sich eines Besseren und bleibt mitten am Weg, 90° zur für die Benützung desselben vorgesehenen Richtung stehen. Ein Meter dahinter fließt ein Bächlein, einen Meter davor geht es steil in einen Graben. Das ist allerdings insofern kein Problem, als dass sich der Franzose sowieso weigert, Drehmoment an den Untergrund weiterzugeben. Ich sagte bereits: Eis.

Versuche, mit zusammengekratzem Schotter und Erde etwas Grip zu erzeugen, schlagen fehl. Gottseidank hat der gelernte und Glatteis gewohnte Älpler stets einen Satz Schneeketten bei sich (das heißt, im Kofferraum, unter den Rucksäcken, Schneeschuhen, Gerümpel,… aber immerhin). Das Anlegen ist ein besonderer Spaß, weil sich die Vorderräder in den Spurrinnen gefangen haben (und daher der Super-Patent-Schließ-Mechanismus nicht so super patentiert schließen lässt, wie vorgesehen), und Räder und Radkästen voll mit dem Schlamm der letzten fünf Kilometer sind.

Einwurf: ich darf an dieser Stelle auf meine emotionale Weiterentwicklung innerhalb der letzten paar Jahre hinweisen: vor nicht allzu langer Zeit wären die Schneeketten, eine nach der anderen, spätestens nach dem zweiten misslungenen Anlegeversuch in hohem Bogen, von unflätigsten Schimpfworten und diversem anderen Kofferrauminhalten, in den Graben geflogen. Der Sache an sich wäre dies wohl kaum dienlich gewesen…

Wie auch immer, nachdem die Ketten montiert sind und der Großteil des Schlamms der letzten fünf Kilometer von den Rädern auf die Unterarme und die Hose übergegangen sind, fahren wir hinunter zum Ausweichparkplatz. „Wir“ bedeutet „ich“, denn Alex kommt zu Fuß nach. Einer muss ja den Hubschrauber holen, falls die Ketten nicht halten.

Mit einer halben Stunde Verspätung brechen wir dann auf. Die Schneeschuhe lassen wir im Auto, da wir nicht den Eindruck haben, dass es auch höher oben deutlich mehr Schnee gibt. Bis auf die eine Eisplatte halt…

Der erste Teil des Weges geht entlang einer Forststraße an der Wieseralm vorbei (die im Sommer bewirtschaftet zu sein scheint) und im Zick-Zack durch den Wald in Richtung des „Grats“. Zwar weiß ich durchaus die Höhenlinien einer topographischen Karte zu deuten, die Steigungen in natura überraschen aber doch ein bisschen. Gefühlt geht es *dauernd* bergauf. Sogar wenn es bergab geht, für kurze Stückerln.

Zwischen dem Gendarmariekreuz und den Drei Pfarren zeigt sich dann, was es mit den Schildern für die Pipeline-Fahrzeuge auf sich hat: eine breite Schneise wälzt sich über den Berg. Verlassen zwar, aber dadurch noch umso trostloser.

Pipeline-Schneise

Pipeline-Schneise

Ab den Drei Pfarren bereuen wir dann, dass wir die Schneeschuhe im Auto gelassen haben, denn sogar im Wald liegt meist genügend Schnee. Je näher wir dem Ziel kommen, desto tiefer wird das weiße Zeug, oft hüfttief. Manchmal können wir uns an ein paar Spuren halten, die allerdings seltsamerweise im Nichts verschwinden, so wie sie auch auftauchen – ein breit ausgetretener Weg, der sich nach hundert Metern praktisch in nichts, in unberührte Schneedecke auflöst…

Drei Pfarren

Drei Pfarren

Die letzten paar hundert Meter liegen dann oberhalb der lokalen Baumgrenze, der Schnee ist größtenteils verblasen, mit all den damit verbundenen Vor- und Nachteilen: es geht leichter voran, aber der Wind wird kälter.

Der Herrenkogel erwartet uns dann anstatt mit einem Gipfelkreuz (gut, ein Kogel ist ja eigentlich „nur“ eine Kuppe) mit einer Couch aus Steinen und einem Brett als Sitzfläche, optimal als Windschutz und Plätzchen zum Jausnen. Ein Gipfelbuch gibt es allerdings. Nach der obligatorischen Stärkung geht es dem in der Nähe versteckten Cache an den Kragen. Ein paar Minuten Suche, und er ist unser.

Der Besuch des Wetterkogels, gerade einmal 800m entfernt auf selber Höhe, fällt dem Ergebnis der Diskussion um Backhendln zum Opfer. Reinbacherbackhendlzummitnehmen! Deshalb verschieben wir den Wetterkogel auf einen anderen Tag, vielleicht auch mit alternativer Route, und marschieren zurück zum Parkplatz. Schon bald kommen uns auch andere Wanderer entgegen, die sich im tiefen Schnee wie wir schneeschuhlos herumwutzeln.

Sooo wenig Schnee ist da nicht...

Sooo wenig Schnee ist da nicht…

Wie zu erwarten dauert der Abstieg bei weitem nicht so lang wie der Aufstieg. Von den in Summe sechs Stunden sind 3:30 für „rauf“, 0:30 als Pause, und 2:00 für „runter“ vergangen. Das Reinbacherbackhendl, das wir am Nachhauseweg mitnehmen, und zwei Bier geben uns daheim den Rest. Vom Muskelkater an den relevanten Stellen am nächsten Morgen gar nicht zu reden…

Herrenkogel

Geocaches zum Artikel (1)

Herrenkogel (GC1VMCT) (D1/T3)


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