von Philipp (2011)

30. August: Gemischte Hauptspeisen

Der heutige Tag soll eine Kombination aus Asphalt und Schotter bringen. Über die französische Grenze geht es hinunter nach Briançon; einer mittelalterlichen Stadt, bewacht von einer riesigen Zitadelle. Während Dieter die Mopeds bewacht, durchstöbern Martin, Peter und ich zuerst die Festung, und spazieren dann durch die engen Altstadtgassen zurück zum Parkplatz.

Der Col d’Izoard ist das nächste Ziel, einer der höchsten Alpenpässe. Ein perfektes Asphaltband schlängelt sich zuerst durch die Wälder, und nach dem es einen immer höher hinauf führt, durch karges Gelände auf die Passhöhe, wo ein Cache Pausengelegenheit bietet, und eine kleine Bude den passenden Kaffee.

Asphalt-Pete

Der darauf folgende Col de Vars schafft es nicht, eine gleichwertige Kulisse zu bieten, bietet aber trotzdem eine schön zu fahrende Straße mit langgezogenen Kurven. Die Straße führt uns weiter durch ein recht unspektakuläres Tal, aus dem wir uns bald verabschieden, und wieder eine enge Seitenstraße nehmen, die uns in Richtung des Parpaillon-Kamms bringt.

Die enge, grob geschotterte Piste führt zuerst mit ein paar Kehren durch den Wald, der am Eingang in ein Hochtal endet. Der Weg führt geradewegs in das Tal und beginnt, sich nach rechts langsam am Hang hochzuarbeiten. Nach ein paar Minuten begreift die Strecke, dass mit einfachem Geradeausfahren keine Pässe bezwungen werden, und beschliesst, im engen Zick-Zack den Hang hinauf zu klettern. Es bieten sich tolle Ausblicke auf das Tal, je höher man kommt, und auf das Panorama. Das Fotografieren wird vernachlässigt („…nach der nächsten Kehre vielleicht…“), nur ein Mank erzwingt eine Pause, in dem er tatsächlich so lange wartet, bis das Moped steht, der Tankrucksack offen ist, die Kamera befreit, eingeschaltet, gezoomt, scharf gestellt und abgedrückt ist.

Die knappe Folge an Kehren endet, und wieder führt die Straße dem Hang entlang, nur wenig steiler als eine Höhenlinie. An einem komfortablen Ausweich- und Aussichtsplatz (kein Kiosk, nur ein Stück Wiese) sehe ich in der Ferne einen Auto-Konvoi entgegen kommen, und nütze die Gelegenheit zum Verschnaufen, und um endlich ein paar Fotos zu machen. Nachdem die Kolonne vorbeigezogen ist, und auch der Rest der Gruppe den Platz gefunden hat, fahren wir die letzten hundert Höhenmeter zum Hochpunkt der Strecke weiter – und überholen dabei zwei Radfahrer.

Unüblicherweise ist der Hochpunkt kein Pass, sondern ein Tunnel. Der hat zwar an jedem Ende ein durchaus hübsches Portal, aber abgesehen davon (und natürlich dem eigentlichen Loch-im-Berg) nichts mit einem klassischen Straßentunnel gemein. Also keinen Belag, und kein Licht. Nur von der Decke tropfendes Wasser, das am teils erdigen, teils steinigen Boden große Pfützen bildet. Noch dazu ist der Tunnel nicht kerzengerade, so dass man nur als 1.9m-Mann, oder am Moped stehend, das Licht am anderen Ende erkennen kann.

Mittlerweile sind auch die Radfahrer eingetroffen, und es stellt sich heraus, dass es sich um zwei Steirer handelt, die ohne konkretes Ziel durch die Gegend strampeln. Kleine Welt…

Südportal Tunnel du Parpaillon

Südportal Tunnel du Parpaillon

Am anderen Ende führt uns die Straße über Almland, vorbei an einem (gesperrten) Aussichtspunkt, wieder in den Wald in Richtung Embrun. Aus Schotter wird Sand, aus Sand wird Asphalt. An einer Abzweigung werden wir vor die Wahl gestellt: „Embrun 17km“ nach links auf Schotter, oder „Embrun 18km“ nach rechts auf Asphalt. Bevor Martin, unser Guide, die Frage überhaupt voll ausformulieren kann, brüllt Peter „Schotter!“ unter seinem Helm hervor, und wir wählen die kürzere (weil dadurch bestimmt ökonomischere) Variante.

Ich persönlich bin nicht so der tolle Quartier-Organisator. Gerade deshalb bin ich froh, dass Martin ausgeprägten Spürsinn für die Suche nach Unterkunft demonstrieren kann. Gleich bei der Einfahrt in die Ortschaft sieht er aus dem Augenwinkel eine Tafel „Hotel du Lac“, biegt zweimal ab, und schon sind Zimmer gebucht, mit Abendessen und Pool. Trotz Schnarchphobie (was nicht bedeutet, dass ich nicht selbst…) nehmen wir u.a. ein Dreierzimmer, das mit den anfallenden Gepäckstücken, Helmen, Kombis,… rettungslos bis an die Kapazitätsgrenze gefordert wird. Dieter nimmt das Einzel, und nach ein paar Runden im Pool und einem netten Abendessen mit Meeresfrüchten, Dessert *und* Käse („mit ‚e‘ heißt’s ‚und‘, mit ‚u‘ ‚oder'“, klärt uns unser Multikultiguide auf), veranstalten wir einen Abendspaziergang an den See (zwei Caches), und fallen dann wie die Toten ins Bett. Ich hab übrigens Ohropax verwendet, und ich sag nicht, wegen wem…

31. August: nur Asphalt…

Abgesehen von An- und Abreise ist der heutige der einzige reine Asphalttag; zumindest auf Rädern, denn schon kurz außerhalb von Embrun, über dem Ufer des Lac de Serre-Ponçon bleiben wir stehen, um bizarre Schotterformationen zu bewundern: einzelne, größere Felsen bilden ein Dach für den unter ihnen liegenden Schotter, und schützen diesen vor dem Regen, wodurch sich meterhohe Nadeln, mit eben einem Felsem an der Spitze, gebildet haben. Mehrere solcher Nadeln stehen in einem Wald, und während Dieter und Martin Käffchen trinken, stapfen Peter und ich zu einem Fototermin durch’s Gebüsch.

Skurille Formation

Skurille Formation

Bei der Weiterfahrt leuchtet der See kitschig knallblau unter uns, bis wir die Gegend Richtung Barcelonette verlassen, wo der Anstieg auf den Col de la Bonette beginnt. Die Straße dorthin scheint gefallen an Kehren, 90°-Kurven und allerlei anderer motorradfreundlichen Geometrien zu haben, sie bietet kaum kurze gerade Stellen. Wie fast schon gewohnt, unterscheiden sich die Passstraßen in diesem Gebiet von den österreichischen: sie liegen einen guten halben Kilometer höher, und führen dadurch in viel kargere Landstriche, die dadurch aber auch viel weiter erscheinen. Die Nähe zu Italien bringt wieder unzählige Bunker und Festungen auf den Plan, und zusätzlich birgt der Straßenverlauf eine weitere Besonderheit: von der eigentlichen Passhöhe führt eine aspahltierte Schleife um den nahen Cime de la Bonette, ohne irgend eine verkehrstechnische Notwendigkeit, wenn man von dem Vorteil, dadurch die höchstgelegene, asphaltierte Straße zu bauen, absieht. Alibihalber führt diese Schleife zu einem Parkplatz, von dem aus ein Fußpfad auf den Gipfel führt. Über die Aussicht muss ich wohl nicht viel Worte verlieren, bei dem herrlichen Wetter da oben…

Auf dem Weg zurück ins Tal führt die Straße mitten durch eine verfallene Kaserne.

Nachdem uns unser Guide bis hierher immer ganz ordentlich ge-guidet hat, schalte ich in den passiven Nachfahr-und-Kollisionsvermeidungsmodus, und folge der gelben BMW kommentar- und kritiklos. Deshalb fällt es mir schwer, die Qualität des Führenden zu bewerten. Im nachhinein dann, durch Vergleich von Track und Straßenkarte, scheinen wir auf dem Idealweg ans Ziel gekommen zu sein, inklusive einiger enger Bergstraßen, einem Ort namens „Saint Martin“ (der ist sicher nur wegen des Namens dorthin gefahren…), und der Querung des „berühmten“ Col de Turini.
Von dem faselt Dieter schon lange vor der Planung; von Walter Röhrl, Audi Quattro (dem kurzen nämlich) und der „Nacht der langen Messer“ ist da die Rede. Und was soll ich sagen, sogar im Nachfahr- und Kollisionsvermeidungsmodus macht der Berg Spaß. Viel Platz zum Ausweichen ist nirgends, in den Kurven ist gerade genug Raum, um mit einem Quattro (einem kurzen nämlich) auf allen vieren durchzudriften (oder mit einem Renault Modus, wie die indigene Bergbevölkerung); das einzige Problem stellt die Insektenwelt dar. Irgend etwas wespenähnliches verpasst mir einen Treffer am Hals. Muss eine lokale Besonderheit sein, denn Peter fängt sich zwei Tage später an ähnlichem Ort auch seinen Teil in den Haxen.

Durch Sospel geht es, nach einer kurzen und heftigen Konfrontation mit einem ehemaligen Fremdenlegionär ob der Vorrangsituation an der Durchfahrtstraße, und nach einer letzten Passüberquerung glänzt Martin ein weiteres Mal mit der gelungenen Wahl einer Unterkunft: eine ehemalige Villa in Breil-sur-Roya, mit Gartenanlage, freundlicher Besitzerin und hantigem Koch, der sein Handwerk versteht und uns halbpensionmäßig mit Leckereien versorgt. Man ist todmüde und fällt ohne große Umwege in die Betten.

Geocaches zum Artikel (7)

L'ULTIMO COVO LOCO #9999 (GC1P39G) (D1/T1)
La cite Vauban de Briancon (GC1C4AW) (D2,5/T2,5)
COL DE l'IZOARD (GC2FYH5) (D2/T2,5)
Tunnel du Parpaillon (GC2G44D) (D3/T3)
EMBRUN - Les radeliers (GC25QTN) (D2/T2)
Embrun - Dessous le roc (GC26DQZ) (D2/T2)
Pontis (GC1VRA1) (D2/T1,5)


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