von Philipp (2011)

Intro: San Jose

Zehn Stunden Flug nach Newark, dort völlig sinnlose Einreiseprozeduren für die USA (inklusive Fingerabdrücken und Irisscan), nur um gleich wieder auszureisen, und nochmal fünf Stunden Flug in die costaricanische Hauptstadt San Jose.

Das Hotel stammt aus den 30er-Jahren und liegt an einem der zentralen Plätze, gegenüber dem Theatro Nacional. Vogelliebhaber fühlen sich hier auch ohne Sichtungen wohl, weil die Fussgängerampel (um deren Anweisungen sich niemand schert) anstelle stupiden Klack-Klack ein melodisches Getschilple von sich gibt, um Sehbehinderte auf grünes Licht hin zu weisen (die sich aber vermutlich auch bei rot nichts scheren).

Lost Place in San Jose

Lost Place in San Jose

Die Stadt selbst ist nicht wirklich sehenswert. Es gibt zwar einige schöne, ältere Gebäude, die ein bisschen an spanischen Kolonialstil erinnern, aber Sehenswürdigkeiten gibt es keine. In einem ausgedehnten Stadtpark mit Teichen, Rollschuhbahnen (mit Landhockeyplatz) tummeln sich Familien beim Picknick. Wir besuchen das Nationalmuseum und lernen einiges über die Geschichte des Landes. Der Jetlag kommt uns ein bisschen zugute, weil wir automatisch früh munter sind und daher gefühlt mehr Zeit den Tag über haben.

Tortuguero Nationalpark

Am zweiten Morgen um 6:00 soll uns der Transferbus für den Flug nach Tortuguero holen – um 6:15 fragt uns der Türsteher, ob er uns ein Taxi rufen soll. Wir erklären ihm, dass wir seit 15 Minuten auf unseren Bus warten, und er grinst nur und meint wissend „ahhh, they mean ‚Tico Time‘! Don’t worry, he’ll come…“. Der Bus kommt tatsächlich, allerdings scheint etwas schief gelaufen zu sein, da wir nicht wie geplant an die Karibikküste fliegen, sondern über die Kordillieren per Bus dorthin gebracht werden. ‚Tico‘ nennen sich übrigens die Costaricaner selbst.
Die Bergstraße ist eng und gut gefüllt mit fetten Sattelschleppern, waghalsigen Touristenbussen (wie unserem) und untermotorisierten PKWs. Dazwischen kreuz und quer Pickups und Fussgänger. Von tiefen Abgründen trennen uns meist nur einige Zentimeter und bemooste Leitplanken aus der Zeit der Konquistadores.

Mit der Tiefebene schwindet die Angst vor Abstürzen, dafür nimmt die Schlaglochtiefe zu, und irgendwann am Weg zwischen Bananenplantagen verschwindet der Asphalt völlig. Einige Kilometer kämpft sich der Bus über schmale Brücken, um uns schließlich an einer Anlegestelle auszuspucken. Wir steigen mit 15 anderen Leuten in ein flaches Ausflugsboot um, das uns mal zügig, mal gemütlich auf einem mäandernden Fluss durch den Dschungel bringt.

Am Fluss

Am Fluss

Festes Ufer ist selten zu erkennen, meistens nimmt die Vegetation von der Flussmitte ausgehen etwas zu, nur an manchen Stellen ist Land zu erkennen. Auf den letzten Kilometern wird der Fluss breiter und wirkt angelegt, er verläuft nur wenige hundert Meter vom Meer entfernt geradlinig parallel dazu.

Die Lodge im Dschungel

Die Evergreen Lodge besteht aus vielen kleinen Pfahlbauten im Dschungel, teilweise im sumpfigen Wasser. Wir bauen unser mitgebrachtes Moskitonetz auf, obwohl es, nachträglich betrachtet, praktisch keine Mücken gibt. Sicher ist sicher…
Am Nachmittag fahren wir per Boot ins Dorf, das inzwischen fast ausschließlich vom Tourismus im Nationalpark lebt. Dabei geht es her nicht penetrant zu, es scheint alles recht naturnah organisiert zu sein, inklusive Mülltrennung.

Dschungel-Hütte

Dschungel-Hütte

Im Sommer ist der Meeresstrand Anlauf- und Brutstätte für Seeschildkröten. Unter hohen Strafen ist deren Störung verboten, doch jetzt, im Jänner, sind nur leere Nestgruben und viele, dünnhäutige Eierschalenreste zu sehen. Wir spazieren dem Strand entlang und finden in der Nähe unseren ersten costaricanischen Geocache – ein einigermaßen vergammeltes Plastikfläschchen mit feuchtem Logbuch. Was tut man nicht alles…

Viechzeugs

Am nächsten Tag geht es vor Sonnenaufgang los zu einer Bootsfahrt. Wir tuckern langsam durch den Morgennebel und sehen Unmengen an munter werdenden (oder sich wieder schlafen legenden) Tieren: ewig müde Faultiere, abwartende Reiher, hyperaktive Kapuzineraffen, ihre Brüder, die Spider-Monkeys, Leguane und ihre übers-Wasser-laufenden kleinen Verwandten (deshalb Jesus Christ Lizard genannt).

Morgennebel am Dschungelfluss

Morgennebel am Dschungelfluss

In einem im Wasser liegenden Baum-Rest bewegt sich etwas undeutlich, aber mehr als der Rückenpanzer eines Kaimans ist nicht zu sehen. Auch ein Schlangenkopf einer Constrictor ist in einem Gebüsch zu sehen. Könnte aber auch ein Stock oder ein Rindenstück sein…

Am späten Vormittag fassen wir Gummistiefel aus und werden dann samt Guide auf einer Nachbarinsel ausgesetzt, dschungelbewachsen natürlich. Gleich zu Beginn zaubert der Guide einen kleinen Pfeilgiftfrosch unter einem Blatt hervor, und erzählt von dessen Eiablage hoch oben in den Brommelien-Gewächsen, und dass das Gift kein selbstproduziertes ist, sondern das abgesonderte Gift von gefressenen Insekten, die der Frosch über die eigene Haut wieder abgibt. Dabei balanciert er den Frosch unbeeindruckt auf der Handfläche, da das Gift offenbar nur durch offene Wunden wirksam wird. Wir lernen einiges über die lokalen Pflanzen und Tiere:

Die Mimose, deren Holz giftig, und daher termitenresistent ist, die aber bei großflächigem Abbau und Transport über Flüsse deren Wasser so stark vergiftet, dass Fische und Schildkröten darin umkommen.

Der Walking Tree, der sich über Monate durch gezielt platzierte Luftwurzeln meterweise weiterbewegen kann.

Termiten werden von Schwarzen Ameisen angegriffen, die von deren Königin durch ein Pheromon in einen koordinierten „Blutrausch“ getrieben werden, um die Termitenlarven zu stehlen. Die Termiten wiederum versuchen, die schwarze Königin zu töten, da ohne deren Pheromon die schwarzen Krieger plötzlich orientierungslos werden. Manchmal neutralisiert der Regen den Duftstoff, und rettet damit die Termiten.

Und eine der interessantesten Neuigkeiten: 30cm hohe Gummistiefel sind 31cm tiefen Sumpflöchern nicht gewachsen…

Eine weitere Bootsfahrt auf der Lagune zeigt uns wieder Unmengen von Affen und Leguanen, und endlich auch Tukane (die Vögel mit den dicken gelben Schnäbeln). Dann entdecken wir auch einen unmissverständlich als solchen erkennbaren Kaiman, der sich auf einem Baumstamm sonnt, und als Höhepunkt eine Schildkröte, die sich am gegenüberliegenden Ufer ebenfalls ausruht.

Pfeilgift-Frosch

Pfeilgift-Frosch

Wenn die Geräuschkulisse des Dschungels tagsüber schon hörenswert ist, so richtig los geht es in der Nacht. Das Getschilpe, Gezirrpe und Geschnatter ist unvorstellbar, und wenn die Affen damit beginnen, Nüsse auf das Blechdach der Hütten zu knallen, dann geht es wirklich um…

Tags darauf geht es in der Früh wieder zurück zum Bus, und über die Kordillieren nach San Jose, wo wir noch eine Nacht verbringen, bevor wir auf eigene Faust durch’s Land fahren.

PS: mehr Fotos gibt’s später…

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